Wie man eine Pyramide zum Einstürzen bringt – 1983

Video U-Matic, color, Länge 120 Minuten. Künstlerinnenkollaboration Dorothée Berghaus und Eschi Fiege.

Ein kurzer Ausschnitt (01:15 Länge) dieses Videos wurde als Beitrag in Infermental 3: Puppet unter dem Titel D. et E. allaient au bateille 1983 veröffentlicht. Infermental wurde von dem ungarische Filmemacher Gabor Body gegründet und war das erste internationalen Videomagazin.

Still aus Video „Wie man eine Pyramide zum Einstürzen bringt“
© Dorothée Berghaus und Eschi Fiege, 1983.

Eschi Fiege und ich waren Freundinnen, Kollaborateurinnen und gehörten außerdem beide dem Team rund um das Kabelfernsehmagazin „Schön ist die Welt“ an. Und hatten damit quasi jederzeit Zugriff auf jede Art von Videoequipment inklusive Schnittstudio. So entschieden wir uns an diesem einen Abend lieber ein Video zu drehen, statt wie üblich ins Subito zu gehen und dort mit unseren Freunden zu trinken.

Wie es zu dem französischen Titel des Ausschnitts kam, ist mir schleierhaft. Wahrscheinlich hatte Rotraut Papa ihre Finger im Spiel, sie lebte in Lyon und war eine der Infermental Redakteurinnen. Der deutsche Titel Wie man eine Pyramide zum Einstürzen bringt kam von Eschi und mir und beschrieb das Konzept faktisch und metaphorisch wesentlich besser. Zentrales Element war nämlich eine Pyramide aus vollen Bierdosen, die zwischen uns, die auf Stühlen saßen und der Kamera aufgebaut war. Je mehr wir tranken umso kleiner wurde die Pyramide und umso mehr sah man von uns. Und letzteres nicht nur bildlich gesprochen. Wir taten etwas, was ein echtes No-Go für uns Intellektuelle der frühen 80er war: Wir wurden privat. Wir redeten darüber, wen man gerne küssen wollte und wer einen unbedingt küssen wollte. Wen man echt scheiße fand und was die beste literarische Onaniervorlage sei. Ja, wir waren richtig auf Krawall gebürstet und gingen mutig ins Detail. Leider ist mir das Video verloren gegangen, aber ich weiß noch, dass wir am Ende des Videos unsere Brüste zeigten. Aber damit nicht genug.

Nachdem wir eine 120 Minuten Videokassette verfilmt hatten und einigermaßen betrunken waren, kam uns die grandioseste Idee überhaupt: Wir wollten mit denjenigen, über die wir gerade in unserem Video gesprochen hatten, spontan Premiere feiern. Noch in der selben Nacht! Mit mehr Bier lockten wir unsere Freunde kurz vor Morgengrauen aus dem Subito in Eschis Wohnung. Es war natürlich nicht die grandioseste Idee. Unser zunächst ebenso lustig betrunkenes Publikum bekam rasch schlechte Laune. Nach einer qualvollen Dreiviertelstunde beendete Eschi die Vorführung, indem sie heimlich die Sicherung aus dem Kasten drehte.

Ich glaube, wir haben damals Reality TV erfunden. Es war witzig, aber auch unangenehm und gnadenlos. Wir folgten dieser Spur nicht weiter.